SpiF (Sustainability – Pay it Forward), ein Erasmus + Projekt mit zwei norwegischen und einer schwedischen Schule von September 2019 – August 2021, verlängert bis Februar 2022.
Die BBS Cuxhaven sind federführend bei diesem Nachhaltigkeitsprojekt, an dem noch zwei Privatinternate in Norwegen und eine Schule in Schweden beteiligt sind.
Bericht in den Cuxhavener Nachrichten vom 30.1.2020
Infos über das Projekt SPIF auf der eigenen Webseite findet man hier.
Die Val videregående skole in Val, Norwegen, ist eine kleine Berufsschule für die SekII nahe der Küste nördlich von Trondheim, deren Schwerpunkt auf Agrarwissenschaft und Aquakultur liegt. Die zweite norwegische Schule Øya VGS liegt wenige Kilometer südlich von Trondheim. Auch hier stehen Agrarwissenschaft und Tierhaltung im Vordergrund, aber auch Bauwesen, Tiermedizin und Outdoor-Aktivitäten spielen dort eine große Rolle. Das Bergska gymnasiet in Finspång, Schweden, wenige Kilometer südlich von Stockholm, ist der schwedische Teilnehmer an diesem Europaprojekt. Dort sind die Schwerpunkte Business und Bauwesen, Installation und Mechanik.
Zustande kam dieses Projekt durch eine Kontaktseminar in Köln im Jahr vor dem Projektbeginn. Die Vertreter*innen der Schulen entwickelten dort die Idee, die dringend notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz in internationalen Gruppen mit der Zielsetzung zu bearbeiten, den Jugendlichen ihre Möglichkeiten und ihre Verantwortung angesichts der drohenden Klimakatastrophe deutlich zu machen.
Der Austausch über Klimaschutz- und Umweltschutzprojekte der jeweiligen Länder sollte den Anfang machen.
Im zweiten Schritt sollten eigene Ideen für die Schule, den Alltag, das Privatleben und möglicherweise für Zukunftspläne entwickelt werden, wobei sowohl das Erfinden von Neuem, das Recyclen und Upcyclen von Altem als auch, und besonders, das Minimieren von Konsum eine Rolle spielen.
Stichworte dabei sind: Earth Overshoot Day – Artensterben – Müllberge – Mobilität – CO2 – Baumsterben – Lärmverschmutzung etc.
Der wichtigste Ansatz dabei ist, dass jede/r einzelne Verantwortung übernehmen sollte und nicht durch Verdrängung, die Abschiebung der Verantwortung an die anderen (besonders jene, die schon bewusster mit Ressourcen umgehen!) oder gar auf die Politik oder die Wirtschaft in Untätigkeit verfällt.
Über zwei Jahre sollten die Teilnehme/innen des Projekts, die aus dem gewerblichen Bereich stammen sollten, mit den SuS der anderen Schulen Konzepte erarbeiten, Erfahrungen teilen, sich gegenseitig Projekte ihrer Länder vorstellen, sich vernetzen zu „Think Tanks“.
Die Impulse sollten in der Schule weitergegeben werden, dabei waren Ideen wie der Umgang mit Müll, Pfandkonzepte für die Cafeteria und Tauschbörsen bzw. Flohmärkte in der Schule als praktische Umsetzungsmöglichkeiten angedacht.
Treffen zwischen den Schulen waren im November 2019, im März und September 20 und 2021 im April zum Abschluss hier an den BBS geplant.
Das erste Treffen in Val, Norwegen, fand noch wie geplant statt. Eine engagierte Gruppe von sechs BGT18-Schüler*innen nahm an dem ersten Austausch zusammen mit zwei Lehrkräften teil. Die kleine, sehr großzügig ausgestattete Schule in Val zeigte ihren Gästen Windräder, Aquakulturen und einen Recyclinghof, organisierte Vorträge von einem überzeugten Windradgegner, der Wasser- und Autowirtschaft und der Schulbehörde, die aufzeigte, wie selbstverständlich ökologische Themen in Norwegen in das verpflichtende Curriculum aufgenommen worden sind.
Die erste Schülergruppe verließ das Projekt, um die Abiturprüfungen anzutreten.
Die Suche nach einer neuen Gruppe Schüler*innen erwies sich danach als äußerst schwierig, aber die Reise nach Schweden im April 2020 konnte dann doch wie geplant mit sechs Teilnehmer*innen vorbereitet werden, bis die Pandemie alle weiteren Pläne durchkreuzte. Zwar wurde eine Verlängerung bis Feb. 22 genehmigt, bisher ist aber noch unklar, ob wenigstens eine der weiter geplanten Reisen möglich sein wird.
Norwegen integriert Nachhaltigkeit in das Schulcurriculum
SPiF, „Sustainability – Pay it Forward“ ist der Titel des Erasmusprojektes, was sinngemäß als „Nachhaltigkeit, gehe mit gutem Beispiel voran“ übersetzt werden kann. Zwei norwegische, eine schwedische Schule und die BBS Cuxhaven nehmen an diesem Projekt teil und besuchen sich gegenseitig, mit jeweils 6 Schülerinnen und Schülern und zwei Lehrkräften, um sich über den Stand der Nachhaltigkeit in ihren Ländern und an ihren Schulen auszutauschen. Die Gastschule – in diesem Fall eine christliche Internatsschule aus dem norwegischen Val, mit etwa 130 Schülerinnen und Schülern, bestimmt dabei das Programm der Zusammenkünfte. Geleitet wird das Projekt von Kathrin Burmeister von der BBS Cuxhaven. In der norwegischen Schule in Val können Schülerinnen und Schüler Landwirtschaft, Fischfarming, aber auch Fächer wie Umgang mit Pferden oder Erziehen von Jagd- und Hütehunden lernen. Es gibt auch einen Zweig, der – wie unsere beruflichen Gymnasien – mit einem beruflichen Schwerpunkt auf die Aufnahme eines Hochschulstudiums vorbereitet.
„Am besten hat mir die Bootsfahrt zu den Fischfarmen gefallen“, meinte nicht nur Rayk Westphal vom Cuxhavener beruflichen Gymnasium Technik. Schüler und Lehrkräfte wurden mit warmen wasserdichten Anzügen versorgt, und dann ging es mit zwei kleinen Fischerbooten und einem schnellen Schlauchboot zu den naheliegenden Lachsfarmen: Mehrere runde schwimmende Wege mit Geländern, mit einem Durchmesser von etwa 10 Metern, in deren Mitte als Käfig ein 15 Meter tiefes Netz hängt. In der Mitte schaute ein Rohr aus dem Wasser, durch das Impfstoffe und Futter an die Fische verteilt wurden. In einem solcher Netze schwimmen 30 000 Lachse. In dieser Fischfarm sind die Fische noch recht klein.
Hier wird auch nicht für den Markt produziert, sondern an Impfstoffen geforscht. Ein norwegischer Schüler, der an seiner Schule „Fischfarming“ lernt, bot den Schüler*innen Fischfutter aus einem Eimer an: „Das kannst du essen“. Die kleinen braunen Kügelchen sind eine sehr eiweißhaltige Kost, die wohl hauptsächlich aus Fischmehl besteht. Die Schüler*innen aus Val, die Fischzucht lernen, können am Geschmack des Fischfutters erkennen, für welche Fische es eingesetzt wird. Antibiotika werden in Norwegens Fischfarmen schon seit 10 Jahren nicht mehr eingesetzt, versichert einer der Fischfarmer.
In der Fischfabrik war dann schon etwas deutlicher zu sehen, dass es sich hierbei auch um eine Art von Massentierhaltung handelt: Vor der Fabrik zappelten die Lachse so dicht an dicht, dass das Wasser nur so sprudelte. Hier werden pro Tag mehr als 20000 Fische verarbeitet.
Die Fische werden auf Fließbändern von Station zu Station transportiert, wo sie betäubt, ausgenommen und weiterverarbeitet werden, bis sie, in Plastikfolie verschweißt und großen Kisten verpackt, die Fabrikhallen verlassen. Die Führung erklärt uns, dass etwa 2,7% der Lachse schon bei der Haltung sterben, bevor sie die Fabrik erreichen. Das ist ein sehr guter Wert, denn der Durchschnittswert für Norwegen ist 17,5%. Besonders stolz ist die Firma auf ihre „Blue-Wrap-Technologie“, die es erlaubt, den Fisch so lange frisch zu halten, dass er auch mit Schiffen bis in die USA transportiert werden kann.
Windenergie hat in Norwegen eine ganz andere Bedeutung als bei uns. Während diese alternative Energieform bei uns der Hoffnungsträger für grüne Energie ist, macht er im norwegischen Strommix nur 4% aus. 93% der elektrischen Energie wird in Norwegen aus Wasserkraft gewonnen. „Darum ist es in Norwegen durchaus jetzt schon ökologisch, ein Elektroauto zu fahren“, erklärt ein norwegischer Kollege. Auch das Heizen der Wohnräume geschieht in Val weitgehend mit Strom.
Ganz anders als bei uns ist das hier – mit fast 100% nachhaltigem Strom – eine wirklich ökologische Alternative. Allerdings ist die Windkraft besonders im sehr dünn besiedelten Norden Norwegens äußerst unpopulär. Für die Windkraftanlagen, Transformatorstationen, Straßen und Kabeltrassen wird hier jede Menge wirklich noch unberührte Natur zerstört. Die Installation der Anlagen ist in dieser felsigen Gegend nur mit sehr großem Gerät und mit vielen Sprengungen möglich. Für die wenigen Einwohner und die mit ihren Rentierherden umherziehenden Samen gibt es kaum eine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. „Ein Rentier würde niemals eine Straße überqueren“, erklärt der norwegische Kollege Arnt Narve Bordal. „Durch den Bau einer Straße wurden schon Herden voneinander getrennt“. Laut den Aktivisten, die sich gegen die Windkraftwerke zu wehren versuchen, ließe sich die gleiche Menge Energie erzeugen, wenn die Generatoren in den Wasserkraftwerken durch neuere ersetzt werden würden.
Ein weiterer Ausflug führte die Projektteilnehmer*innen in die Recyclingfirma NOPREC, in der aus alten Tauen, Rohren und Bojen wieder sogenannte Plastik-Pellets hergestellt werden. Diese werden dann als Rohstoff zur Erzeugung neuer Produkte unter anderem nach Deutschland verkauft.
Norwegen ist dabei, Nachhaltigkeit in sein Bildungssystem fest zu integrieren. Hier wurde ein neues Schulcurriculum erstellt, das unter anderem auf den von der UNO 2016 verabschiedeten 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung basiert. Ab dem kommenden Herbst wird dieses Curriculum gelten, in dem festgelegt ist, dass die Themen Gesundheit, Demokratie und nachhaltige Entwicklung in allen Fächern berücksichtigt werden sollen. Aber es gibt auch jetzt schon in den norwegischen Curricula ökologische Inhalte und in manchen Bildungsgängen das Fach Ökologie.
Außerdem organisieren die Schulen viel Outdooraktivitäten, wie Wandern, Kanufahren und Jagen. Eine Schülergruppe aus Val geht sogar mit ihrem Lehrer für Naturschutz, Håkon Valen, regelmäßig an den unendlich langen Küsten der Seen und Fjorde Müll sammeln.